Die Wirklichkeit im Traum
von Paul Trog
Ich hatte genug.
Im Traum ging ich der Sache auf den Grund, ging mithin der
Schwermut, Sehnsucht, Wehmut nach, und stieg ganz tief hinab in meine Seele.
Dort, auf festem Boden angelangt, ging ich den Weg
zu meinem authentischen Selbst - zum Baum, in dem seit meiner Geburt eine flüsternde, bescheidene Stimme weilt: Der Hauch aus Gottes Mund in mir.
Dann suchte ich Adam. Unweit, fast nebenan, fand ich ihn.
Auch er ein Baum, unheimlich gross und furchterregend, aus tiefen genetischen Wurzeln hochgeschossen, von nachfolgenden Ahnensequenzen vollbehangen, umstöhnt von wirr klirrendem Getöse. Von Geisteskraft umstrahlt und voll von genetischer Weisheit, sah er mich an.
Auch ich betrachtete ihn schwelgend und geriet zunehmend
in den Sog eines klangumtosten Ahnenkultes.
Dann sprach der Baum Adam zu mir, in sanften Worten, untermalt von in Seelentiefen wirkender Musik: „Folge mir!“
Richtig laut wurde das Getöse, als wichtige Würdenträger der genetischen Kirche zu mir traten und an diesem Gespräch teilhaben wollten. Erschrocken kehrte ich mich ab und suchte Christus. Ich sah plötzlich den Stamm, auf dem ER, der Gekreuzigte, hing. Erloschen und abgeschnitten war das Leben des Heilands. Erloschen und abgeschnitten war auch das Leben des Stammes - ein toter Baum, der doch zum Baum des Lebens und der Gnade wurde!
Ich fand den zweiten Adam.
Ich bat Ihn, meinen genetischen Baum zu fällen.
Und dies geschah - in meinem Traum.
Ich bat Ihn um Vergebung, um Befreiung und um Erlass meiner ganzen Schuld; weiters bat ich um ein sorgfältiges Entfernen und Entsorgen jeglicher Ichverwurzelung.
Auch dies geschah - in meinem Traum.
Weiters bat ich den Gottessohn, die aufgewühlte und saure Erde im Seelengrund mit Seinem Blut zu tränken.
Auch dies geschah - in meinem Traum und die Erde wurde gesund, urbar und fruchtbar.
Der Herr pflanzte sodann in den Boden meines Wesens Seine eigene ewige Saat und beschützt diese seitdem mit Seinen Händen - in meinen Träumen.
Dankend zog ich mich dann zurück in mein bescheidenes Selbst - und erwachte.
Sicher und fest der Boden,
er liegt im Seelengrund.
Dort wurde das Selbst geboren,
ein Hauch aus Gottes Mund.
Das Selbst erwacht, erkoren,
beschützt von Gottes Hand -
das Ich besiegt, verloren,
fällt’s in den ewg’en Schlund.
Ach, lass mich doch erleben
das Licht von Gottes Pracht!
Allein in Ihm zu stehen,
umsorgt von Seiner Macht.